US-Steuerskandal: Auch christliche Gruppen betroffen

US-Steuerskandal: Auch christliche Gruppen betroffen

Die US-Steuerbehörde IRS hat offenbar gezielt konservative Gruppen benachteiligt. Auch Lebensrechtler, Israelfreunde und das Missionswerk von Billy Graham sehen sich nun diskriminiert. Der Leiter der Behörde musste am Mittwoch seinen Posten räumen, Präsident Barack Obama zeigte sich empört.
Foto: The White House / Pete Souza

Wie ein offizieller Untersuchungsbericht am Dienstagabend zeigte, hat die US-Steuerbehörde IRS („Internal Revenue Service“) in mehreren Städten konservative Gruppen wie Vereine der „Tea Party“ gezielt schärfer überprüft als vergleichbare linke Organisationen. Die Behörde habe konservative Organisationen, die sich als gemeinnützige oder wohltätige Gruppen um Steuerbefreiung beworben hatten, bewusst benachteiligt, heißt es in dem Bericht an den US-Kongress.

Die Methoden: Die IRS filterte ab Anfang 2010 über einen Zeitraum von 18 Monaten die Steueranträge nach bestimmten Schlagworten, beispielsweise „Tea Party“ oder „Patriots“. Die Behörde habe dann dafür gesorgt, dass entsprechende Anträge wesentlich langsamer bearbeitet worden seien, bis zu 1.000 Tage länger als üblich. Zudem seien überflüssige und unübliche Nachfragen bei den Antragstellern eingegangen, beispielsweise nach der politischen Ausrichtung der Funktionäre oder sogar nach den Namen von Spendern.

Franklin Graham: Offener Brief an Obama

Der Leiter der „Billy Graham Evangelistic Association“ und des zugehörigen Werkes „Samaritan‘s Purse“, Franklin Graham, erklärte in einem offenen Brief an US-Präsident Obama: „Im Lichte dessen, was die IRS nun zugegeben hat (…), glaube ich nicht, dass die Steuerprüfung 2012 bei unseren beiden Werken ein Zufall war“. Die unangemessenen Handlungsweisen der IRS seien nicht auf politische Gruppen beschränkt. Nach der Präsidentschaftswahl sei den Missionswerken zwar ein Fortbestehen der Steuerfreiheit bescheinigt worden. Durch die eingehende Überprüfung seien jedoch Spendengelder verschwendet worden, weil mehrere Mitarbeiter von Graham mit der Betreuung der IRS-Ermittler beschäftigt gewesen seien.

Das Weiße Haus hat auf Grahams Brief noch nicht reagiert. Am Dienstag nannte Präsident Obama die Methoden der IRS „empörend und nicht akzeptabel“ und beteuerte, selbst erst aus den Medien davon erfahren zu haben. Am Mittwoch musste dann IRS-Direktor Steve Miller seinen Hut nehmen. Seine Regierung werde mit dem Kongress zusammenarbeiten, um die „Integrität des Steuersystems“ wiederherzustellen, versicherte Obama.

Indes melden sich weitere Einzelgruppen, darunter auch evangelikale, zu Wort, die meinen, von der IRS ungerecht behandelt worden zu sein. Der Onlinedienst WorldNetDaily berichtet vom Falle der Lebensrechtsorganisation „Cherish Life Ministries“, welcher der Anspruch auf Steuerbefreiung verweigert worden sei. Zur Begründung habe die IRS mitgeteilt, es handele sich um eine „politische Gruppe“, in der Schwangerenberatung müsse zudem nicht nur über Adoption, sondern auch über Abtreibung aufgeklärt werden. „Aus meiner Erfahrung heraus glaube ich, dass sie (die IRS, d. Red.) Lebensrechtler und Kirchen, die sich für das Leben aussprechen, gezielt angreifen“, teilte Peter Shinn, Gründer des Vereins, auf dessen Internetseite mit.

Der renommierte Online-Dienst Politico berichtet vom Fall der konservativen pro-israelischen Lobbygruppe „Z Street“, die ebenfalls von der IRS direkt benachteiligt worden sei. Der Ursprung der Diskriminierung sei zwar offenbar ein anderer, das Vorgehen der IRS erinnere jedoch an die nun bekannt gewordenen Fälle. „Z Street“ hatte bereits 2010 Klage gegen die Steuerbehörde eingereicht, weil diese die Anträge der Organisation verzögert habe. Am 2. Juli soll eine Anhörung zu dem Fall stattfinden. Ein Anwalt der IRS teilte mit, Gruppen mit Bezug zum Nahen Osten würden immer besonders streng geprüft, um auszuschließen, dass diese Terrorismus finanzierten. Lowenthal Marcus, Chefin der Organisation, fragte laut Politico sarkastisch: „Auch in Boston gab es einen Terroranschlag. Werden nun Gruppen aus Boston besonders streng geprüft?“ (pro)

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